Antwort auf das KfG-Corona-Thesenpapier
Mit großem Erstaunen lese ich in dem KfG-Corona-Thesenpapier von der großen Sorge einiger Christen über die Existenz unterschiedlicher Meinungen und Bewertung der Corona-Politik. Wie bei so vielen Fragen, existiert diesbezüglich natürlich auch keine Einheit. Und das ist auch gut so. Denn Wahrheit kann und darf sich nicht unter falscher Einheit unterordnen!
So beginnen die Irrtümer gleich bei Punkt eins:
zu 1.) Ja Gott hat die Welt und auch unser Leben fest in seiner Hand. Allerdings lehrt die Schrift keinesfalls, dass Gott Regierungen unmittelbar ein- oder absetzt, sondern vielmehr das alles nach seiner Vorsehung geschieht! Gott hat in der Geschichte lediglich Propheten und Apostel unmittelbar eingesetzt. Bei der einen Ausnahme, König David, wurde dieser erst König, nachdem das Volk dies bestätigt hat. Richtig ist, dass nichts ohne Gottes Willen geschieht, sehr wohl jedoch vieles gegen Gottes Willen. So kann und wird Herrschaft sehr wohl oft gegen Gottes Willen ausgeübt. Regierung/Obrigkeit wird nicht aufgrund faktisch ausgeübter Machtausübung legitim, sondern ausschließlich dort – ganz gleich, „in welcher Form – wo diese in dem Bewusstsein, dass es eine von ihrem Willen unabhängige Gerechtigkeit gibt, ihres Amtes mit Macht waltet, das Recht schützt und den Frieden wahrt, da ist sie „Gottes gute Gabe“, da ist sie „von Gottes Gnaden“.“ (Zitat nach Hans Sasse, l. Union und Bekenntnis – Die Soziallehren der Augsburgischen Konfession und ihre Bedeutung für die Gegenwart)
zu 2.) Nein. Gott fordert nicht dazu auf, jede politische Macht, die „Gewalt über uns hat“, als Obrigkeit anzuerkennen. Dieser heute weit verbreiteten- nichtsdestotrotz irrigen- Auslegung von Röm 13 würden die Reformatoren aufs Schärfste widersprechen. Auf deren Legitimität (siehe 1.) kommt es an. Ist sie in diesem Sinn legitim, gelten für Christen natürlich alle Anordnungen. Allerdings auch nur insofern und solange, wie diese innerhalb des Aufgabenbereiches ihres Amtes als Obrigkeit bleiben. Diesbezüglich ist die biblische Lehre eindeutig: Kein Stand (Kirche, Hausstand/Wirtschaft und Staat) besitzt Autorität über den jeweils anderen Stand. Nur weil sich der Staat seit langem anmaßt in diese Bereiche hineinzuregieren, wird dies nicht im Sinne eines „Gewohnheitsrechts“ legitim.
zu 3.) Deshalb auch hier ein nein! Sobald ein Staat seinen eigentlichem Auftrag nicht mehr nachkommt, verliert er grundsätzlich seine Legitimität. Ein Christ hat natürlich weiterhin einen vorbildlichen Lebenswandel, bleibt natürlich weiterhin solange gesetzestreu, wie kein direkter Konflikt zwischen einem biblischen Gebot und der Forderung des Staates existiert. Allerdings ist es hier Aufgabe der Kirche(n) die weltliche Obrigkeit zu ermahnen (Wächteramt) ausschließlich ihrer Aufgabe im Sinne Gottes nachzukommen und sich aller Einmischung in die anderen Bereiche (Kirche, Haushalt/Wirtschaft) zu enthalten. Es ist nicht Aufgabe des Staates Wissenschaft zu treiben, Wohlfahrtspflege auszuüben und Kinder zu erziehen. Aufgabe des Staates nach Röm13 ist es ausschließlich für eine Rechtsordnung zu sorgen, die es ermöglicht, dass Wirtschaft, Technik, Wissenschaft, Erziehung sich entfalten kann. Das heißt auf Corona bezogen, dass die staatlichen Maßnahmen (z.B. Maske, Abstand, Teilnehmerzahlen) nicht nur verfassungsrechtlich auf wackeligen Füßen stehen, sondern sich der Staat auch aus biblischer Sicht Autorität anmaßt, die ihm nicht zusteht, sondern mit denen er teilweise bereits „Macht über die Seelen“ ergreift.
zu 4.) Christen verfügen in vielen konkreten Sachfragen tatsächlich nicht über mehr Wissen als Experten. Allerdings gibt es weder „dafür zuständige Fachleute“, sondern viele Experten, mit teilweise sehr unterschiedlichen Standpunkten, noch wären Christen dazu unfähig, sich Expertise zumindest soweit anzueignen, dass sie die Lage nicht beurteilen könnten. Die Position man müsse einen langwierigen Prozess abwarten, erscheint mir vor dem Hintergrund menschlicher Kollateralschäden ungeheuerlich. So wie die eine Seite behauptet es ginge um Leben, erklären andere Experten, dass die staatlichen Maßnahmen die Gesundheit und das Leben vieler Menschen kostet. Insofern ist missionarischer Eifer- so wie dieser auch dieser Erklärung zugrunde liegt- natürlich angebracht. Es geht um Menschenleben!
5.) Zur Legitimität des „Willen der Obrigkeit“ habe ich bereits in den ersten Punkten (und weiteren Artikeln hier, hier und hier) Stellung genommen. Christen stehen darüber hinaus natürlich mehr rechtsstaatliche Optionen zur Verfügung als ausschließlich ihr „Glück“ vor staatlich bestellten und bezahlten Richtern zu versuchen. Über 60 Gerichtsurteile wurden bereits von Oberverwaltungs- und Verfassungsgerichten kassiert. Die wenigsten Bürger verfügen über Mittel oder Zeit diesen oft sehr langwierigen und teuren Weg zu beschreiten.
zu 6.) Der allgemeinen Ermahnung, „das Miteinander der Geschwister in der Gemeinde soll immer von Liebe und Anteilnahme gekennzeichnet sein“ ist natürlich zuzustimmen. Allerdings ist es irrig, die „Schwachen“ als Schutzschild für die eigene Position zu missbrauchen. Aufgabe der Kirche ist es, die Schwachen vor Angriffen auf ihre Seelen zu schützen und die eigene Verantwortung und Aufgabe ohne Einmischung wahrnehmen. Die aus dem Kontext gerissenen Zahlen der Regierung, versetzt die Seelen vieler Gemeindemitglieder jedoch offenkundig, ohne sachliche Begründung, in Panik. Gottes Wort, seine gute Vorsehung sollte uns Frieden schenken und die geschürte Panik nehmen. Wir leben jeden Tag aus seiner Gnade und fügen durch nichts einen Tag zu unserem Leben hinzu! Das sehe ich derzeit leider nicht in den Gemeinden.